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Interview mit Eva Raps und Urban Kaufmann vom Weingut Kaufmann

Wein, Käse und Schweizer Präzision: Das Märchen vom Käsemeister zum Winzerpaar im Rheingau

An einem sonnigen, warmen Tag machte ich mich mittags besonders früh von Hochheim auf den Weg nach Hattenheim, um Schweizer Pünktlichkeit zu demonstrieren. Mein Ziel war das Weingut Kaufmann, wo ich ein Interview mit Eva und Urban führen würde. Dort angekommen, wurde ich herzlich empfangen und mit einem Glas Wein begrüßt. Wir machten es uns in der gemütlichen Vinothek bequem.

Isabel (I): Es freut mich, dass du dir die Zeit nimmst, mit mir über dich und dein Weingut zu sprechen. Besonders spannend ist, dass du nicht immer Winzer warst und auch nicht hier im Ort heimisch warst. Erzähl doch mal ein bisschen, warum du Winzer geworden bist und warum gerade hier?

Urban (U): Aufgewachsen bin ich in der Schweiz, in der Nähe von St. Gallen. Ich habe ursprünglich das Käsehandwerk von der Pike auf gelernt, mit Lehre, Molkereischule und Meisterprüfung. Viele Jahre habe ich eine eigene Käserei betrieben, in der wir Appenzeller Käse hergestellt haben. Wo der Käse ist, ist der Wein ja auch nie weit weg. Ich fand Wein schon in jungen Jahren spannend, zumal speziell mein Vater zu Hause immer Wein getrunken hat. Also das Interesse am Wein wurde mir quasi in die Wiege gelegt.

Ich bin dann immer häufiger zum Weinhändler gegangen und fand das super spannend. Das Interesse am Wein hat sich so immer weiter entwickelt, zunächst als Verbraucher. Irgendwann geht man dann aber mal zum Winzer und hilft bei der Weinlese mit. So habe ich mal ein Jahr lang bei einem Weingut mitgearbeitet.

I: Also in der Schweiz dann noch?

U: Genau, das Weingut war eine halbe Stunde von der Käserei entfernt. Vormittags habe ich die Käserei betrieben und nachmittags war ich auf dem Weingut, um fachlich dazuzulernen, weil es mich interessierte. Aber insgeheim wollte ich auch mitarbeiten, um ein besseres Bauchgefühl zu bekommen, ob das wirklich die Erfüllung bringen könnte. Die Winzerromantik kennen wir alle, aber ich war mir bewusst, dass das nicht der Alltag ist. Ich wollte also die Romantik ausblenden und im Weinberg stehen und Handarbeit leisten. Das wurde dann immer spannender, je mehr man in die Materie eintauchte. So entstand irgendwann der Traum vom eigenen Weingut.

Ich war dann erst mit meinem Bruder im Piemont auf der Suche. Dort habe ich aber schon bei meinem ersten Besuch gemerkt, dass, wenn du als Quereinsteiger die Sprache nicht beherrschst, du lieber die Finger davon lassen solltest. Also musste es der deutschsprachige Raum sein und so fokussierte ich mich auf Deutschland und Österreich.

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht das fachliche Wissen, daher habe ich einen Berater hinzugezogen, der mich bei der Suche nach einem Weingut unterstützte. Dieser wusste, dass ich Single war, und stellte mir die Frage: „Wie stellst du dir ein Weingut vor? Da gehört ja auch eine Frau dazu.“ Da dachte ich mir, dass in der Weinbranche definitiv mehr Frauen unterwegs sind als beim Käse. Ich sah das ganz locker und gab ihm die Erlaubnis, den Kontakt herzustellen, falls er jemanden kennen würde.

Ich war damals 42, und mit ein bisschen mehr Lebenserfahrung sieht man gewisse Dinge entspannter. Mein Berater meinte scherzhaft, am besten suchen wir uns gleich ein Weingut mit Tochter, dann hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Er kannte die damalige Geschäftsführerin des VDP und schickte ihr eine E-Mail: „Hallo Eva, ich habe da einen Schweizer Kunden, der ein Weingut mit Frau sucht. Hast du irgendeine Idee?“ Der Gedanke war, dass sie als Kennerin der Weinbranche vielleicht eine Winzerin kennen könnte.

Eva schrieb zurück, dass es schade sei, dass sie selbst kein Weingut hätte, denn für sie wäre die einzige Steigerung ihres Jobs ein eigenes Weingut. Zwischen den beiden ging es dann per E-Mail ein bisschen hin und her. Es müsste keine Winzertochter sein, es könnte auch jemand sein, der den gleichen Lebenstraum hat. Am Ende hieß es dann: „Na gut, schick mal Fotos.“ So haben wir uns dann kennengelernt und waren fortan zu zweit auf der Suche nach einem Weingut. Im Frühjahr 2013 wurden wir hier fündig, im ehemaligen Weingut Hans Lang. Hans Lang war damals 65 Jahre, und seine einzige Tochter wollte das Weingut nicht übernehmen, sodass die Familie sich zum Verkauf entschied. Die Käserei in der Schweiz war gepachtet, und es gab einen Nachfolger. So bin ich am 1. November 2013 mit Sack und Pack nach Deutschland gezogen.

I: Dann war das Weingut schon da. Aber du meintest ja, dass dir am Anfang auch noch ein bisschen die Erfahrung gefehlt hat. Hast du da jemanden angestellt oder wie bist du das angegangen?

U: Grundsätzlich war der ehemalige Besitzer im ersten Moment noch mit dabei. Wir haben jedoch relativ schnell gemerkt, dass wir vom Charakter her sehr unterschiedlich waren. Er hat dann ungefähr ein Jahr lang mitgeholfen, um mich in den Betrieb einzuführen und zu zeigen, wie ein Weingut funktioniert. Ich hatte zu dem Zeitpunkt auch einen Mitarbeiter, der sich primär um die Weinberge gekümmert hat, sodass ich mich nicht um diese Arbeit kümmern musste.

Für die Arbeit im Weinkeller war für mich immer klar: Wenn ich den Schritt zum eigenen Weingut mache, möchte ich den „Keller“ alleine machen. Im Nachhinein war es definitiv ein Sprung ins kalte Wasser. Ich habe viel gelesen und mich mit Winzerkollegen unterhalten. Ja, und dann macht man einfach mal. (Lächelt verschmitzt)

I: Also viel Learning by Doing?

U: Absolut! Wir haben ja Geisenheim vor der Haustür. Da habe ich mich bei zwei Fächern mal als Gasthörer reingesetzt. Aber nach zwei bis drei Wochen habe ich es dann wieder gelassen. Es gibt ja auch gewisse Parallelen zwischen Käserei und Weingut. Zum Beispiel die ganze Mikrobiologie: Ob ich jetzt mit Milchsäurebakterien bei der Milch arbeite oder mit Hefen beim Wein, das Prinzip ist eigentlich dasselbe.

Von der Hygiene her ist eine Käserei sogar noch viel steriler als ein Weingut. Aber nichtsdestotrotz, es war ja auch ein Mosaiksteinchen von dem Ganzen. Sei es Hygiene oder Genauigkeit bei der Arbeit – all das von der Käserei in den Weinkeller zu kopieren, war ein wichtiger Schritt. Da bin ich überzeugt, dass das dazu beigetragen hat, dass wir heute da sind, wo wir sind.

I: Was ist deine Spezialität, oder womit hebst du dich ab? Warum sollte ich einen Kaufmann-Wein kaufen oder besser trinken?

U: Weil er Emotionen auslöst.

I: Das machen ja eigentlich viele Weine, würde ich jetzt mal behaupten.

U: Es gibt viele tolle Weine auf der Welt, aber nur wenige lösen wirklich Emotionen aus. Ob das meine Weine tun, weiß ich selbst nicht. Das kann nur der Kunde feststellen.

Der Vorgänger hatte den Betrieb bereits 2012 auf Bio umgestellt. 2013 kamen wir dann hinzu. Wir hatten gar keine Ahnung, was Bio im Weingut bedeutet. 2014 war dann unser erster eigener Jahrgang, bei dem wir die gesamte Vegetation miterlebt haben. 2014 war ein super schwieriger Jahrgang – im Herbst war es viel zu nass, es gab viel Fäulnis. Ich stand damals im Weinberg und war überrascht von der Situation. Links und rechts von unseren Weinbergen waren meist konventionelle Weingüter, und da fiel mir auf, dass unsere Trauben 2–3 Tage länger gesund geblieben sind, während die konventionellen bereits gekippt sind. Damals habe ich nicht verstanden, warum das so war, aber ich fand es toll, dass man mit Bio das bessere Lesegut hatte. Heute weiß ich, warum das so ist, aber das hat mich damals in Bio bestärkt.

Wir waren keine Bio-Freaks, die aus ideologischen Gründen das Weingut umgestellt hätten, wenn es konventionell gewesen wäre. 2017 haben wir dann den nächsten Schritt gemacht und von der biologischen auf die biodynamische Arbeitsweise gewechselt. Das Weingut haben wir letztendlich durch Demeter zertifizieren lassen. Ich glaube, das hat unsere Qualität nochmals gesteigert. Was ist Qualität beim Wein? Das ist ja immer ein schwieriger Begriff. Für mich haben die Weine dadurch an Qualität gewonnen. Verschiedene Journalisten geben uns auch Punkte und bestätigen das. Für mich als Winzer ist es einfach das Größte, wenn man meinen Wein trinkt und er Emotionen auslöst!
Man trinkt viele Weine, auch tolle Weine, die Spaß machen. Aber ein Wein, der wirklich berührt, ist selten. Das sind für mich die großen Weine der Welt. Die Kombination aus dem richtigen Moment, der Umgebung und vielleicht einem guten Essen macht den Wein unvergesslich.

I: Uns hat euer Wein damals, als wir euch kennengelernt haben, auch gleich ziemlich umgehauen. Und wir haben sofort zwölf Flaschen bestellt.

U: War das der Uno?

I: Ja, genau, der Uno!

U: Das war der 2022er Uno, der extrem eigenständig war. So ausgeprägt hatten wir den Uno noch nie. Ich muss gestehen, dass ich ihn damals mit gemischten Gefühlen auf den Markt gebracht habe, weil der Jahrgang einfach anders war als zuvor. Leider war die Menge zu klein.

I: Ist er schon ausverkauft?

U: Ja, der ist schon lange ausverkauft. Aber das war auch ein Wein, der ein bisschen polarisiert hat. Gerade zum Essen ist er für mich ein sehr großer Wein. Blind würde man ihn nie ins Rheingau einordnen.

I: Bringst du als Schweizer etwas Schweizerisches in den deutschen Wein, oder ist es sogar ein Schweizer Wein, der in Deutschland hergestellt wird? Oder kann man das so nicht sagen?

U: Ein Kunde und Freund hat bei einem Pinot Noir mal folgende Aussage gemacht: „Das ist kein Spätburgunder, sondern ein Schweizer Pinot Noir mit südlichem Einfluss.“ Er hat das so empfunden, und das war für mich ein Kompliment. Jemand hat auch mal beim Tell gesagt: „Das ist Schweizer Präzision!“ Für mich sind das lobende Worte, die gut ankommen. Es macht natürlich Spaß, wenn die Leute das so mit der Schweiz interpretieren. Es ist aber ein deutscher Wein. Ich würde auch nie im Rheingau Chasselas bzw. Gutedel anbauen, wie es in der Schweiz üblich ist. Hier haben wir mit Riesling eine qualitativ viel hochwertigere Rebsorte im Anbau.

I: Wobei in Baden ja schon auch viel Chasselas angebaut wird. Hier natürlich nicht so …

U: Aber das Renommee… Es gibt tolle Chasselas, keine Frage, die können auch sehr gut reifen. Aber das Renommee eines Chasselas ist immer unter dem eines Rieslings.

I: Ich mag ja Riesling auch sehr gerne, das ist einer meiner Lieblingsweine.

U: Ja, ein bisschen Abwechslung ist auch immer spannend. Aber wir merken es auch privat, wenn wir hier Freunde haben, trinken wir eigentlich immer fremde Weine. Da denkt man immer wieder, wenn man andere Rebsorten genießt, dass Riesling doch immer ein bisschen spannender ist als Weiß- oder Grauburgunder.

I: Stimmt! Auf jeden Fall als Grauburgunder.

Ihr bringt ja hier schon Schweizer Flair mit ein, zum Beispiel mit euren Fondueabenden*. Das ist eine spannende Mischung.
(*Wenn der Schweizer von Fondue spricht, ist immer Käsefondue gemeint.)

U: Ja, da ist meine Frau die Kreative. Wir bespielen das Thema Schweiz, weil das eines unserer Alleinstellungsmerkmale ist. Die Schweiz wird in Deutschland grundsätzlich positiv angesehen. Die Leute fragen immer, wie dumm man sein muss, um von der Schweiz nach Deutschland zu gehen. Das habe ich am Anfang nicht verstanden. Die Fondueabende sind wirklich eine Erfolgsgeschichte, das kommt bei den Leuten super an. Von daher gehört das auch ein Stück weit zum Marketing, wenn man so eine Möglichkeit hat.

I: Und passt ja dann scheinbar auch richtig gut mit Riesling? Ich kenne Schweizer, die trinken zu Fondue nur Chasselas.

U: Riesling ist die Königin! Aber ich sage mal, bei den Fondueabenden steht der Wein oft im Hintergrund, weil die Leute das gesellige Beisammensein mehr genießen. Es gibt dann 4–5 Weine dazu. An einem Abend ist es der Tell, der der Gewinner des Abends ist, von dem sich die Leute am meisten nachschenken. Es gibt aber auch Abende, an denen ein Weißburgunder oder ein Blanc de Noir, also eigentlich einfachere Weine, absolut Anklang finden. Für mich ist es immer wieder spannend zu sehen, was die Leute an dem Abend bevorzugen.

I: Das glaube ich Dir!

I: Sag mal, apropos Schweiz: Ich glaube, die Schweizer sind vielleicht eher stolz auf ihre Nationalität oder dürfen es mehr sein. Ich versuche mir das andersherum vorzustellen, etwa in der Schweiz ein deutscher Winzer, der dann ein Corporate Identity mit der deutschen Flagge oder den deutschen Farben macht. Das kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen. Vielleicht liegt das an der deutschen Geschichte oder daran, dass ich eine internationale Mischung bin. In der Schweiz habe ich das Gefühl, dass man viel mehr dazu steht, Schweizer zu sein.

U: Ja, das ist so. Das sieht man allein schon am Trinkverhalten beim Wein. Wenn ein Schweizer in ein Schweizer Lokal geht und auch nur ein bisschen weinaffin ist, wird er tendenziell zuerst einen Schweizer Wein auswählen und danach einen Italienischen oder Französischen – ganz klassisch. Der Deutsche greift, glaube ich, zuerst nach etwas Internationalem, bevor er auf die einheimischen Produkte zugreift. Die Schweiz ist ein kleines Land, ein kleines Bergvolk, das schweißt einen vielleicht auch noch ein bisschen mehr zusammen. Und ja, die Geschichte spielt eine Rolle. Wir haben eine andere Geschichte als Deutschland. 

I: Die Schweiz steht ja auch für viele positive Dinge. Genauigkeit, Schweizer Uhren, Pünktlichkeit … Ich habe mir heute auch echt Mühe gegeben, pünktlich zu sein. (lacht)

U: Ich habe zu Eva gesagt, wenn sie um Viertel nach Eins nicht da ist, bin ich im Weinberg … (Beide lachen!)
(Zum Glück war ich 15 Minuten zu früh und habe 5 Minuten vor 13 Uhr gewagt einzutreten.)

I: Ich habe ja auch einen Schweizer Freund. Das färbt ein bisschen ab.

U: Das sind tatsächlich Werte, die für mich extrem wichtig sind. Das erwarte ich auch von meinem Umfeld.

I: Hast du mal einen Wein getrunken, bei dem du dachtest, wow, der sieht super aus, aber die Qualität des Weins vom Geschmack her hat dich total enttäuscht?

U: Ja!

I: Das kam schnell. Weißt du noch, welcher das war?

U: Ja, das weiß ich noch sehr gut (schmunzelt schon beim Reden). Ich bin bekennender Etikettentrinker. Für mich sind die Italiener Weltmeister, was Papier und Druck angeht. Da hinkt Deutschland hinterher. Das war jetzt ziemlich aktuell (lacht, man sieht, wie er an die Situation denkt – es muss sowohl enttäuschend als auch lustig gewesen sein). Schau dir mal Zantho aus dem Burgenland an. Das ist eine Genossenschaft. Die haben ein Etikett, das sich wie Samt anfühlt, mit einer Weinbergseidechse darauf. Ich fand das fantastisch – schon von der Haptik her. Es stach einfach heraus! Der Inhalt war allerdings vergleichsweise einfach. Aber die Ausstattung war Weltklasse.

I: Das ist ja ein tolles Beispiel! Denkst du denn generell, dass es wichtig ist, wie der Wein, also die Flasche, aussieht?

U: (nickt) Ja! Weil die wenigsten Weine oder Flaschen eine direkte Beratung dahinter haben. Der Wein muss unter Umständen im Regal für sich alleine sprechen. Da finde ich es schon wichtig, dass ein Wein heraussticht, damit man eher zugreift. Nur in Weiß und Schwarz, glaube ich, tut sich ein Wein schwer. Das war damals für mich bei der Weingutsübernahme ein Punkt, den ich ändern wollte. Das Etikett vom Vorgänger war, ich sage es mal so, so antiquiert, dass es fast schon wieder gut war. Wenig Wiedererkennung, eher verspielt, pastellige Farben… (wedelt mit den Händen) also ja… Ich hatte selbst keine Ahnung, wie unser neues Corporate Identity (CI) letztendlich aussehen würde, weil da doch deutlich mehr dran hängt als nur ein neues Etikett zu machen. Dann kam noch zeitgleich die ganze Vinothek dazu. Aber ich wusste, ich will 200 % Wiedererkennung und ein aufgeräumtes Design. Das waren die zwei Vorgaben, die wir den Kreativen mitgegeben haben, die uns unterstützt haben. Das war in Stein gemeißelt. Den Rest kann Eva erzählen.

I: Das ist euch auf jeden Fall sehr gut gelungen! Dann werde ich mal mit Eva noch ein bisschen über die Labels sprechen. Die haben ja auch einen gewissen Schweizer Touch.

U: Nur ein bisschen (schmunzelt).

Eva kommt hinzu und bringt ein paar Flaschen Wein zum Probieren mit.

I: Erzähl mir doch mal etwas über eure tollen Labels und generell über euer Corporate Design. Wie ist das entstanden?

Eva (E): Als wir das Weingut übernommen haben, gab es bereits ein Label von Hans Lang, das sehr brav und unscheinbar war. Sie hatten damals schon Ansätze, das Label mit einem Grafiker zu überarbeiten. Die gleiche Landschaft sollte in Silber, Gold und Bronze die unterschiedlichen Qualitätsstufen darstellen. Da dies schon in der Tüte war, haben wir gesagt: Komm, wir machen das. Da Urban so fokussiert ist, haben wir uns für eine Farbe, sprich Silber, entschieden. Es war nicht von uns entwickelt und so haben wir nie ganz dahinter gestanden.

Dann haben wir uns Gedanken gemacht. Von Anfang an war klar, dass wir das Weingut irgendwann an einen Nachfolger übergeben werden, da wir keine Kinder haben. Also wollten wir es dem Nachfolger leichter machen und dem Weingut einen allgemeinen Namen geben. Aber wie? Wir haben hier kein tolles Schloss oder Gebäude. Ziemlich schnell war dann doch klar, dass wir bei dem Namen Kaufmann bleiben.

Was uns immer wieder gespiegelt wurde und uns anfangs gar nicht bewusst war, ist, dass unsere Geschichte sehr ungewöhnlich ist. Wir waren von allem, was in den ersten eineinhalb Jahren auf uns einprasselte, überwältigt. Dass die Schweiz in Deutschland ein so positives Image hat – der Schweizer Käsemacher und so – wurde uns erst später klar. Diese besondere Geschichte sollte auch mit aufs Label.

Jetzt müssen Marketingmaßnahmen nur zu uns passen, das ist deutlich entspannter. Früher musste ich 17 Jahre lang beim VDP die Wünsche aller Winzer unter einen Hut bringen. Urban und ich sind uns meist einig, außer bei einigen Events, die ich immer anschieben muss. Die Gestaltung war einfach, weil wir nur zu zweit sind. Das leere Blatt Papier bot uns die Freiheit, wirklich alles machen zu können. Urban hatte auch vorher in der Schweiz viel recherchiert und sich viele Homepages angesehen. Wenn er nicht über Wein recherchiert, recherchiert er über Brieftauben. (lacht) Jetzt sind es immer mehr Brieftauben.

Es ging dann doch recht schnell. Gleich im ersten Jahr sprachen uns die Brüder Lange an. Wir setzten uns mit ihnen zusammen, machten einen Workshop, und sie zeigten erste Entwürfe. Das Thema Schweiz war von Anfang an dabei. Wir wollten ein klares, aufgeräumtes, wiedererkennbares Etikett. Das Kreuz auf dem Etikett ist etwas länger gezogen als das Schweizerkreuz, aber die quadratische Aufteilung stammt von den ersten Vorschlägen. Wir hatten Freunde zu Besuch und setzten uns zusammen, um zu diskutieren, was Kaufmann ausmacht. Am Ende hatten wir kräftige Farben und Klarheit. Das Design ist sehr markant und alles so Rot. Ich glaube, das war ja auch der Punktabzug bei dir mit dem Rot?

I: Genau darauf wollte ich jetzt auch noch mal mit dir zu sprechen kommen. Rote Labels für Weißwein?

E: Für die rote Farbe hatten wir den Segen von allen. Wir glauben ja an übersinnliche Welten, ähnlich wie bei der Biodynamie, die wissenschaftlich nicht immer erklärbar ist. Unsere Geschichte und unser Ziel, ein eigenes Weingut zu haben, sind für uns Beweise dafür. Wenn man wirklich fest genug daran glaubt und darauf hinarbeitet, kann es funktionieren. Aus dem Workshop heraus stand einfach rot fest. Übrigens merke ich immer wieder bei Kunden, dass sie gar nicht wissen warum die Labels rot sind.

I: Ja, klar, das kann ich mir vorstellen. Als wir euch kennengelernt haben hat Urban etwas über euren Wein erzählt. Mein Freund ist auch Schweizer, und dadurch bin ich auch von der Schweiz geprägt. Beim ersten Wort haben wir natürlich gleich gehört, dass er Schweizer ist, und dann sieht man das rote Label. Da war sofort klar, dass es von der Flagge kommt.

E: Aber ich merke, dass der klare und reduzierte Stil immer mehr geschätzt wird. Ich habe fast das Gefühl, dass wir der Zeit ein bisschen voraus waren. Es gibt so viele bunte Etiketten mit wilden Schriftzügen oder Zeichnungen, das passt überhaupt nicht zu uns.

I: Euer Label sieht wirklich sehr schön und aufgeräumt aus. Vielleicht wart ihr wirklich der Zeit voraus. Für mich ist das rote Label bei einem Weißwein einfach sehr verwirrend, da tue ich mich ein bisschen schwer. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man das für den Weißwein genau andersrum gestaltet, also rot auf weiß. Das könnte bei euch auch super schick aussehen.

E: Wir hatten mal einen Projektwein, da haben wir es umgekehrt gemacht, als Zweitlabel-Variante. Es gab auch Vorschläge mit mehr Weiß und verschiedenen Farben, bei denen eine Ecke bunt gestaltet gewesen wäre. Aber wir haben uns schließlich dafür entschieden, nur ein Label zu verwenden. Uns wird oft gesagt, dass man die Weine schwer unterscheiden kann. Die Gastronomie wünscht sich z.B. verschiedenfarbige Kapseln oder Farben auf den Etiketten der Weine, damit es auch eine Aushilfskraft schnell erkennen kann. Das ist natürlich verständlich, aber ein Endkunde, der heute sechs Flaschen bei uns und später sechs bei einem anderen Winzer bestellt, muss sowieso immer das Etikett lesen, um genau zu wissen, welchen Wein er hat.

I: Ja, das stimmt schon. Aber oft sieht man im Weinkeller nur die Kapsel, und bei Rot denke ich einfach immer an Rotwein und nicht an Weißwein. Aber ich finde es trotzdem durch und durch gelungen. Wirklich schick, und man muss sagen, ihr zieht das konsequent durch. Wenn ich mir die Webseiten oder die Vinotheken von anderen Winzern anschaue … bei euch findet man wirklich den roten Faden im wahrsten Sinne des Wortes überall wieder.

E: Das ist natürlich der Vorteil, wenn man bei Null anfängt und alles zeitgleich entwickeln kann. Als es um die Vinothek ging, hatten wir ein ausführliches Konzeptpapier erstellt und dem Architekten übergeben, auf dem wir unsere Wünsche festgehalten hatten. Dieses Gefühl von Zuhause, bei Freunden zu sein – ein Wohnzimmercharakter. Dazu kam noch die Käsevitrine, übrigens die teuerste Käsevitrine Deutschlands (lacht), wegen der Kühlung und dem gebogenen Glas. Es ging quasi alles Hand in Hand.

Jetzt hab ich viel erzählt. Ich hol noch mal einen anderen Wein.

I: So, letzte Frage an dich Urban: Was ist dein Lieblingswein?

U: Das ist schwer …

I: Vielleicht deine liebsten Rebsorten?

U: Auch schwer … Ich müsste jetzt vier Sorten nennen. Riesling, weil wir ja auch eine Riesling-Region sind. Pinot Noir, vielleicht auch wegen meiner Schweizer Wurzeln. Chardonnay liebe ich persönlich auch sehr, ob mineralisch geprägt, wie zum Beispiel Chablis, oder auch gehaltvoller – da bin ich offen. Und meine Liebe zum Piemont kann ich nicht ganz verleugnen. Ob Barbera oder Nebbiolo, die liebe ich schon. Das ist das Tolle, wir haben für jede Gelegenheit den passenden Wein im Keller. Kürzlich hatten wir einen Sémillon aus Australien, den hatte ich gar nicht auf dem Schirm, ich war schockverliebt. Kostet leider aber auch ziemlich viel Geld. Das sind schon meine persönlichen Favoriten. Deutschland hat sehr viel zu bieten, gerade was Riesling und Pinot Noir angeht und zu bezahlbaren Preisen.

I: Definitiv!

U: Wir waren vor drei Jahren auch im Burgund, weil das ja schon für uns das Maß aller Dinge ist. Wo wir neidisch hinschauen und denken, die Preise, die die nehmen, da sind wir weit davon entfernt. Qualitativ war es ernüchternd. Also, wenn man Pinot liebt, muss man Deutschland auf dem Schirm haben. Auch die teuersten Pinots aus Deutschland sind international gesehen ein absolutes Schnäppchen.

I: Das war ein schönes Schlussplädoyer für deutsche Weine. Ich danke Euch für das Gespräch!

Nach dem Interview zeigte mir Eva die wunderschönen Rebberge. Der Rhein war gerade überflutet, und ein Teil der Straße bei Oestrich war komplett gesperrt. Einige Weinberge standen unter Wasser, aber zum Glück waren die Weinberge des Weinguts Kaufmann nicht betroffen. Am Abend waren wir bei Eva und Urban zum Grillen eingeladen. Wir genossen ein gemütliches Beisammensein und erlebten ihre herausragende Gastfreundschaft. Es war ein unvergesslicher Tag voller spannender Einblicke und herzlicher Begegnungen.